Parodontitis bei Haustieren

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Parodontitis bei Haustieren

(von Hannah Marks, Cand. med. vet.)

Ob Hund, Katze oder Pferd – genau wie der Mensch leiden auch viele unserer Haustiere im Laufe ihres Lebens an einer Parodontitis. Nicht immer fallen Besitzern die entzündlichen Prozesse im Mund ihres Vierbeiners direkt auf, weshalb die Behandlung mitunter schwerwiegender Schäden des umgebenden Gewebes zum Alltag praktizierender Tierärzte gehört.

 Als Parodontitis oder auch Zahnfachentzündung wird eine Entzündung des Zahnhalteapparates mit Osteolyse des angrenzenden Alveolarknochens bezeichnet. Häufig handelt es sich hierbei um ein chronisches Geschehen, welches sich aus einer nicht diagnostizierten Gingivitis heraus entwickelt. Bei Hund und Katze können zudem auch weitere Entzündungsformen vorherrschen. Die Behandlung zielt auf eine gründliche Reinigung und Desinfektion der Zahnreihen sowie die Erhaltung des umliegenden Gewebes ab. Da eine Regeneration der entzündeten Strukturen nur in den wenigsten Fällen möglich ist, stellt eine Zahnextraktion oft den einzigen Ausweg dar.

 

Warum Haustiere an einer Parodontitis leiden

Gerötetes Zahnfleisch, Foetor ex ore und deutlich verminderter Appetit: Die Besiedlung verschiedener, vor allem gramnegativer, Bakterien in Form von Plaques auf den Zahnoberflächen ist ursächlich verantwortlich für eine Gingivitis beim Tier. Unbehandelt kann die Entzündung auch auf den Zahnhalteapparat übergreifen, eine Lockerung des Attachments verursachen und im weiteren Verlauf sogar den darunterliegenden Knochen in Mitleidenschaft ziehen. Die Symptome der nun vorliegenden Parodontitis verstärken sich zunehmend und verursachen mitunter ein komplettes Einstellen des Fressens und hochgradige Schmerzreaktionen bei Berührung betroffener Areale.

 

Um das Ausmaß der Erkrankung einschätzen zu können, erfolgt in der Tierarztpraxis eine umfassende Untersuchung mit anschließender Bestimmung des Krankheitsstadiums (Staging). Hierfür wird zunächst die Tiefe des Zahnsulcus sowie der Grad des Attachmentverlustes mithilfe einer horizontal eingeführten Sonde ermittelt. Ein wichtiger Parameter ist zudem der sogenannte Furkationsbefall. Physiologischerweise sollte die Zahnwurzelaufzweigung nicht sondierbar sein. Liegt jedoch eine fortgeschrittene Parodontitis vor, so lässt sich ein Teil der Wurzelbreite ertasten und sogar die Penetration in die Tiefe kann mitunter möglich sein. Eine Röntgenaufnahme visualisiert, inwieweit eine Atrophie der Alveolarknochen bereits stattgefunden hat.

 

Hund und Katze sind häufig betroffen

Eine Prädisposition für Entzündungen des Zahnfaches stellt das Vorliegen von Zahnfehlstellungen wie Rotationen oder Kippungen, aufgrund der daraus resultierenden verengten Zahnzwischenräume der Zähne, dar. Insbesondere Tiere brachyzephaler Rassen neigen daher ganz besonders zu einer Parodontitis und auch Hunde bestimmter Toyrassen erkranken vermehrt. Die unter Boxern weit verbreitete hyperplastische Gingivitis hat ebenfalls ein erhöhtes Erkrankungsrisiko zur Folge.

 

Oft entwickelt sich die Erkrankung schleichend in Form einer chronischen Parodontitis. Zusätzlich zu einer Gingivitis mit Foetor ex ore und gerötetem Zahnfleisch zeigen betroffene Tiere parodontale Knochentaschen, große Mengen an Zahnstein sowie Plaque und einen Furkationsbefall. Schmerzäußerungen und eine komplette Futterverweigerung treten nur selten auf.

 

Eine aggressive Parodontitis ist hingegen ein akutes, hochgradig schmerzhaftes Entzündungsgeschehen, das lokal oder die gesamte Mundhöhle betreffen kann. Spezifische Bakterien sowie Immunsupressionen führen zu dieser durch hochrote, zu Blutungen neigenden Gingiva gekennzeichneten Entzündungsform.

 

Die dritte bei Hunden und Katzen auftretende Variante ist die nekrotisierende Parodontitis. Die Tiere haben nekrotisches, teils zerfallendes Zahnfleisch und zeigen neben einem deutlich reduzierten Allgemeinbefinden häufig sogar Fieber.

 

Die feline juvenile Parodontitis tritt bereits beim Durchbruch der bleibenden Zähne auf und stellt eine Sonderform der Katze dar. Insbesondere Maine Coone und Norwegische Waldkatzen sind anfällig für das Auftreten des typisch hyperplastischen, hochgradig entzündeten Zahnfleischs, das die Zähne komplett überwuchern kann.

 

Parodontitis bei Pferden – meist ein chronisches Geschehen

Bei Pferden treten vornehmlich chronische Parodontitiden infolge einer Futtereinkeilung zwischen Zahnfleisch und Zahn, beziehungsweise zwischen zwei Zähnen auf. Begünstigende Faktoren sind das Vorliegen von Diastemata im Bereich der Backenzähne, eine Lockerung oder Verlagerung einzelner Zähne sowie vorhergegangene Zahnfrakturen. Auch hier geht der Parodontitis meist eine Gingivitis voran. Bei schwerwiegenden Verläufen kann die Pulpa retrograd erfasst werden, welches in einer Pulpitis resultiert.

 

Aufgrund der Schmerzen fressen betroffene Pferde deutlich weniger und langsamer. Pferdehalter beobachten zudem meist das typische Wickelkauen, Foetor ex ore, eine verstärkte Salivation sowie eine Abneigung gegenüber dem Trinken kalten Wassers. Während sich Parodontiden im Unterkiefer häufig als durch die Haut durchbrechende Fisteln äußern, kann es am Oberkiefer zu schmerzhaften Umfangsvermehrungen und Sinusitiden kommen.

 

Wann muss der Zahn extrahiert werden?

Eine Therapie der Parodontitis ist bei Hunden und Katzen auch in Hinblick auf bekannte Folgeerkrankungen, darunter Endokarditiden und Nephritiden, stets anzustreben.

 

Im Falle gering- oder mittelgradiger Parodontitiden reicht eine Zahnreinigung und Desinfektion mittels Ultraschall und diversen Handinstrumenten im Rahmen der konservativen Parodontalbehandlung meist aus. Nach der Entfernung entzündlich veränderten Gewebes sowie des Taschenepithels und festhaftender Konkremente wird hierbei eine Politur der Zahnkronen vorgenommen.

 

Liegt eine hochgradig entzündliche Veränderung vor, so erfolgt eine chirurgische Behandlung. Neben der Extraktion des Zahns zählt hierzu unter anderem auch die Gingivektomie zur Eliminierung von Zahnfleischtaschen sowie osteoplastische Verfahren am Alveolarknochen. Eine Regeneration des Gewebes ist nur in seltenen Fällen über den Einsatz von Membranen oder Knochenersatzmaterialien beim Hund zu erzielen. Da eine intensive Nachbehandlung nötig ist, kommt dieser Therapieansatz nur in Frage, wenn der Hund an die tägliche Benutzung einer Hundezahnbürste gewöhnt ist, beziehungsweise gewöhnt werden kann. Hierfür ist zudem ist eine hohe Compliance auf Seiten des Besitzers erforderlich.

 

Am Ende einer jeden Behandlung sollte ein wiederanhaftungsfähiges Bindegewebe und biokompatible Zahnoberflächen stehen. Begleitend kommt meist eine systemische Antibiose mit Amoxicillin, Clavulansäure oder weiteren Breitspektrumantibiotika zum Einsatz.

 

Bei erkrankten Pferden sollte ebenfalls eine Sanierung des gesamten Gebisses erfolgen. Mitunter kann die Heilung über eine maschinelle Erweiterung der Diastemata mit anschließender Säuberung und Füllung herbeigeführt werden. In schwerwiegenden Fällen stellt auch hier eine chirurgische Extraktion des Zahns mit der Entfernung eventuell vorliegendem nekrotischen Materials das Verfahren der Wahl dar.

 

Weitere Informationen>>

 

Datum: September 2020

Autorin: Hannah Marks, Cand. med. vet.

Quellen:

Brehm, W. et al.: Handbuch Pferdepraxis. Enke, Stuttgart 2016

Kohn, B. et al.: Praktikum der Hundeklinik. Enke, Stuttgart 2017

Lutz, H. et al.: Krankheiten der Katze. Thieme, Stuttgart 2019

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