Die vielfältige Welt der Wundnadeln

Die vielfältige Welt der Wundnadeln

Fotolia_20007884_L-min

Form, Krümmung, Radius, Durchmesser, Schliffe, Längen, Spitzen – bei der Auswahl von Wundnadeln gibt es viele relevante Kriterien, die Sie beachten müssen, denn: Nadel ist nicht gleich Nadel! Welche Wundnadel für welchen Einsatz am besten geeignet ist, hängt vor allem mit den speziellen Eigenschaften der jeweiligen Nadel zusammen. Nicht jede Nadel ist für jede Art von Naht gleich gut geeignet und die Bezeichnungen der verschiedenen Nadeleigenschaft sind oft verwirrend. Wir haben deshalb für Sie eine Übersicht erstellt, wie Sie die richtige Nadel auswählen können.

Die Anatomie der Wundnadel: auf diese Kriterien kommt es an

Um sich in der großen Auswahl verschiedener Wundnadeln zurecht zu finden und die verschiedenen Nadelformen korrekt identifizieren zu können, ist es wichtig, die Anatomie einer Wundnadel zu kennen.

Wundnadeln bestehen aus einem Nadelkörper (A), dessen Enden einerseits die Nadelspitze (B) und andererseits die Amierzone (C) darstellen. In der Amierzone geht die Nadel in den Faden über. Handelt es sich nicht um eine Nadel-Faden-Kombination, befindet sich an diesem Ende meist ein gewöhnliches Öhr oder ein Federöhr, um den entsprechenden Faden befestigen zu können.

Während Nähnadeln eigentlich immer gerade sind, sind Wundnadeln meist gebogen. Während die Nadellänge (D) an der konvexen Außenseite des Nadelkörpers gemessen wird, bezeichnet die Sehnenlänge (E) den Abstand zwischen Spitze und Amierzone auf der konkaven Seite.  Der Nadeldurchmesser (G) bezeichnet die Stärke des Nadelkörpers, also wie „dick“ die Wundnadel ist. Der Nadelradius gibt den Abstand zwischen Sehnenlänge und Nadelkörper an, so als wäre die Nadel eines vollständigen Kreises entsprungen.

 Nadelradius

Oft verwechselt: Form und Krümmung

Hier kommt es am häufigsten zu Missverständnissen, denn Nadelform und Nadelkrümmung bezeichnen keinesfalls dieselben Nadeleigenschaften.

Als Nadelform wird der Querschnitt des Nadelkörpers bezeichnet. Die gängigsten Formen sind hier der Rundkörper und die schneidende Form. Der Rundkörper ist – wie der Name schon sagt – rund und kann so atraumatisch durch Gewebe gezogen werden. Eine schneidende Nadelform besitzt einen speziellen Schliff, sodass Sie über die gesamte Länge der Wundnadel schneidet, also Gewebe durchtrennen kann.

Die Nadelkrümmung anderseits beschreibt die Biegung des Nadelkörpers. Oft finden Sie hier Angaben wie „1/4“, „1/2“ oder „5/8“ – diese beschreiben Kreisanteile. Stellen Sie sich vor, die Nadel liegt vor Ihnen und sie vervollständigen den Kreis – welchen Teil des Kreises nimmt die Nadel ein? Bei einem Viertel würde die Biegung mit 1/4 angegeben werden,
bei der Hälfte mit 1/2.

Darüber hinaus gibt es natürlich auch Nadeln mit anderen Formen, beispielsweise gerade Nadeln oder Spezialkrümmungen wie hakenförmige oder halbgebogene Nadeln.

Die Nadelspitzen

Die Form der Nadelspitze muss nicht zwingend mit der Form der restlichen Nadel identisch sein! So kann zum Beispiel eine Rundkörper-Wundnadel eine schneidende Spitze tragen. Diese Arten von Nadeln erkennen Sie an ihrem Namenszusatz und dem ergänzenden Querschnittspiktogramm, das die meisten Hersteller zur besseren Orientierung mit angeben.

Zur Veranschaulichung finden Sie nachfolgend die Piktogramme drei verschiedener Rundkörper-Wundnadeln – einmal mit schneidender Spitze (Links), spitzer Spitze (Mitte) und flacher Spitze (Rechts).

 Piktogram

Welche Nadel ist nun die Richtige?

Grundsätzlich sollten alle Wundnadeln einige wichtige Qualitätskriterien erfüllen. Sie sollten steril oder sterilisierbar und unbedingt korrosionsbeständig sein. Aus diesem Grund werden die meisten Wundnadeln aus Edelstahl oder vernickeltem Kohlenstoffstahl gefertigt und erhalten dadurch eine sehr hohe Strapazierfähigkeit. Wundnadeln dürfen sich außerdem nicht verbiegen, sollten aber trotzdem elastisch genug sein, um unter extremer Belastung nicht zu brechen. Diese Eigenschaften werden heutzutage von allen gängigen Wundnadeln erfüllt.

Bei der Wahl der richtigen Nadelart sollten Sie sich zuerst die Frage nach der richtigen Krümmung der Nadel stellen: Überlegen Sie, wo die Nadel einstechen und wo sie wieder aus dem Gewebe austreten soll. Muss der Nadelkörper einen langen Weg überbrücken, ist eher eine weniger gekrümmte Nadel zu wählen. Sollen Einstich- und Ausstichpunkt nah aneinander liegen, ohne dass in die Tiefe gestochen werden muss, wählt man eine engere Krümmung.

Als nächstes wählen Sie eine geeignete Nadelform und Spitze aus: Möchte man beispielsweise eine Ligatur um ein Gefäß legen ohne Gewebe zu verletzen, sollte die Entscheidung auf eine Rundkörper-Wundnadel fallen. Soll mit einem kleinen Einstichloch durch Gewebe hindurch gestochen werden, eignet sich eine spitze Variante, bei sehr festem Gewebe eine schneidende Rundkörper-Nadel am besten.

Darauf sollten Sie außerdem achten: Verschleiß und Vorlieben

Worauf man besonders bei wiederverwendbaren, sterilisierbaren Wundnadeln achten sollte, ist ihre Schärfe. Werden scharfe Nadeln einmal stumpf, können sie mehr Schaden anrichten, als einem lieb ist. Auf Ihre wiederverwendbaren Wundnadeln sollten Sie deshalb regelmäßig ein kritisches Auge werfen, denn eine gute Naht entsteht nicht nur durch Ihre Erfahrung bei der Ausführung, sondern auch durch verlässliche und hochwertige Hilfsmittel.

Dieser Artikel gibt Ihnen eine grobe Orientierungshilfe durch die große Vielfalt verschiedener Wundnadeln – aber natürlich spielen auch persönliche Vorlieben und Präferenzen eine wichtige Rolle. So hat jeder Tierarzt für sich sicherlich eine bestimmte Nadelart, die er für einen speziellen Eingriff bevorzugt. Es gibt aber so viele verschiedenen Varianten, dass es sich immer lohnt, einmal etwas Neues auszuprobieren.

 

Autor: Dr. med. vet. Sabrina Thomeczek

 

Nuß, K. Veterinärmedizinische Instrumentenkunde: Mit 2 Tabellen. Schattauer, 1998. https://books.google.de/books?id=vItj601Dn2AC.

Grabner, Arthur, and Sibylle Kiris. “Tiermedizinische Fachangestellte in Der Prüfung Tiermedizinische ­ Fachangestellte,” n.d.

Dietz, O, and W Bolz. Lehrbuch Der Allgemeinen Chirurgie Für Tiermediziner: 14 Tabellen. Enke, 2004. https://books.google.de/books?id=snxO_kmj7iYC.

Liehn, M, and H Schlautmann. 1x1 Der Chirurgischen Instrumente: Benennen, Erkennen, Instrumentieren. Springer Berlin Heidelberg, 2017. https://books.google.de/books?id=5JUNDgAAQBAJ.

Hartmann, Amely, Claudia Welte-Jzyk, and Monika Daubländer. “Chirurgische Nahttechniken: Teil 1–Schritt Für Schritt.” Zahnmedizin Up2date 11, no. 05 (2017): 447–51.

Schumpelick, Volker, Reinhard Kasperk, and Michael Stumpf. Operationsatlas Chirurgie. Georg Thieme Verlag, 2013.

 

Bitte geben Sie die Zeichenfolge in das nachfolgende Textfeld ein

Die mit einem * markierten Felder sind Pflichtfelder.