Lahmheit bei Fohlen: schnell handeln!

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Lahmheit bei Fohlen - ohne Beweis kein Ausschluss von septischer Arthritis

(Von Katharina Maier, Tierärztin)

Lahmheiten beim Pferd sind keine Seltenheit und haben die unterschiedlichsten Ursachen. In den meisten Fällen handelt es sich um keinen Notfall. Lahmt jedoch ein Fohlen plötzlich, sollten Tierbesitzer und Tierarzt schnell handeln. An erster Stelle sollte der Tierarzt die septische Arthritis auf seiner Differenzialdiagnose-Liste haben. Nur der Ausschluss einer Gelenksinfektion als Lahmheitsursache berechtigt den Tierarzt, auch anderen Gründen nachzugehen.

Ätiologie

Die septische Arthritis betrifft Fohlen bis zum 4. Lebensmonat. Besonders anfällig sind die Tiere, wenn es bereits während der Geburt Schwierigkeiten gab: Gerade bei Frühgeburten oder Zwillingsgeburten sind die Neugeborenen häufig geschwächt, sodass sie weniger Kolostrum aufnehmen. Ihnen fehlen wichtige maternale Antikörper, die das unbelastete Immunsystem stärken können. Deshalb steigt die allgemeine Anfälligkeit für Erkrankungen an. Geschwächte Fohlen leiden in erster Linie unter Pneumonie, Nabelinfektionen oder Infektionen des Gastrointestinaltrakts. Rhodococcus equi, Streptokokken, Staphylokokkus aureus, aber auch Klebsiellen, E. coli und Salmonellen sind beteiligte Keime an der Primärinfektion. Doch wie gelangen die Erreger von der Infektionsquelle ins Gelenk?
Die Gelenke besitzen eine besondere Blutversorgung. Im Bereich der Epiphysen und der Synovialmembran gehen Arteriolen in große venöse Sinusoide über. Der Blutstrom aus kleinen in voluminösere Gefäße verlangsamt sich. Durch den reduzierten Blutfluss verringert sich ebenfalls die Sauerstoffkonzentration. Aufgrund dessen entsteht ein günstiges Milieu für die Anheftung von Keimen und die Entstehung einer Infektion. Die Erreger gelangen über hämatogene Streuung aus dem Primärherd in das Gefäßsystem der Gelenke – und sammeln sich dort an. Besonders betroffen sind das Knie-, Fessel- und Tarsalgelenk.

Von den Symptomen zur Diagnose

Die betroffenen Gelenke sind diffus geschwollen und schmerzhaft. Bei der Palpation fallen die typischen Entzündungssymptome auf: Dolor, Calor und Tumor. Durch die hämatogene Streuung haben viele Fohlen mit Gelenkentzündungen eine Sepsis. Sie sind allgemein geschwächt, trinken weniger und haben Fieber. Falls die Erreger nicht nur die Gelenke, sondern auch die Knochen infiziert haben, kann das Fohlen eine Lahmheit ohne vermehrte Gelenkfüllung zeigen. Eine Osteomyelitis ist das fortgeschrittene Stadium einer septischen Arthritis. Deshalb ist es äußerst wichtig, bei jeglicher Lahmheit beim Fohlen eine frühzeitige Diagnostik zu starten. Je eher die Diagnose steht, desto besser sind die Erfolgschancen der Therapie. Ein Röntgenbild des betroffenen Gelenks gibt Hinweise auf Weichteilschwellungen, einen verbreiterten Gelenkspalt aber auch auf osteolytische Herde. Knochenveränderungen treten meist drei bis sieben Tage nach dem Beginn der Lahmheit auf.

Verschiedene Formen der septischen Arthritis durch Röntgenbilder darstellbar

Anhand des Röntgenbildes gelingt eine Einteilung der Arthritis in verschiedene Formen. Der S-Typ weist keine Osteomyelitis auf. Die Infektion betrifft meist mehrere Gelenke und breitet sich von der Synovialmembran her aus. Mithilfe der Strahlendiagnostik lässt sich lediglich eine Weichteilschwellung erkennen, die gelenksnahen Knochen sind unauffällig. Die betroffenen Fohlen sind erst wenige Tage alt und leiden zusätzlich an Pneumonie, Enteritis, Polyserositis oder Meningitis.
Wenn die Epiphyse infiziert ist, spricht der Tierarzt vom E-Typ. Es handelt sich um zystoide Infektionsherde im subchondralen Knochen mit Gelenkverbindung, welche sich durch osteolytische Nekroseherde röntgenologisch darstellen. Betroffen sind hauptsächlich der mediale Condylus des Kniegelenks, die Talusrollkämme, der Proc. styloideus des distalen Radius, die distale Tibiaepiphyse und die Patella. Erkrankte Fohlen sind älter als beim S-Typ und leiden an einer Sepsis.
Beim P-Typ ist zuerst die Epiphysenfuge infiziert, danach entsteht eine ausgeprägte Osteomyelitis. Oftmals ist eine hochgradige Lahmheit der einzige Befund, das Fohlen zeigt ein gutes Allgemeinbefinden und ist altersmäßig entwickelt. Diese Form der septischen Gelenkentzündung beweist, wie wichtig ein Röntgenbild bei jeglicher Lahmheit des Fohlens sein kann.

Ultraschall und Gelenkpunktion

Mithilfe einer Sonografie des Gelenks kann der Tierarzt eine vermehrte Gelenksfüllung erkennen. Diese stellt sich als hypoechogen dar und kann einzelne flockige Bestandteile enthalten.
Gleichzeitig zur Sonografie sollte der Tierarzt eine sterile Gelenkspunktion durchführen und die Synovialflüssigkeit beurteilen. Normalerweise ist die Gelenksschmiere hellgelb, klar, zähflüssig und gerinnt nicht. Bei einer Gelenksinfektion aber verändern sich Farbe, Menge und Viskosität der Synovia: Sie wird braun-gelblich oder rötlich-braun, trüb, wässrig und hat flockige Beimengungen. Je länger die Infektion bereits andauert, desto höher ist der Fibringehalt, also die Menge der Entzündungszellen in der Synovia. Zur rein makroskopischen Untersuchung sollte der Tierarzt außerdem eine mikroskopische Beurteilung durchführen. Pathologisch ist ein überwiegend neutrophiles Zellbild. Zudem kann der Tierarzt auf einfache Weise mittels Refraktometer den Proteingehalt in der Synovia bestimmen. Physiologische Werte sind: 18,1 g/l bis 2,6 g/l. Um eine Arthritis handelt es sich bei Werten zwischen 20 und 40 g/l, zu einer septischen Arthritis wird der Befund bei über 40 g/l. Für die Bestimmung des Erregers sollte der Tierarzt unbedingt eine bakteriologische Untersuchung einleiten.

Frühzeitige Therapie verbessert die Prognose

Eine septische Arthritis beim Fohlen stellt immer einen Notfall dar! Je frühzeitiger die Therapie beginnt, desto besser sind die Heilungschancen. Deshalb muss das Fohlen sofort mit einer Breitbandantibiose (Betalactam-Antibiotikum Penicillin, Cephalosporin (Cefquinom) oder einem Aminoglykosid (Gentamicin) antherapiert werden. Bis das Ergebnis der bakteriologischen Untersuchung vorliegt, kann das Fohlen auch eine kombinierte Antibiose erhalten: Penicillin mit Gentamicin oder Penicillin mit Cefquinom. Entzündungshemmer wie Flunixin verbessern die lokale Durchblutung und fördern dadurch die Wirkung der Antibiose. Die Anwendung von NSAIDs beim Fohlen ist jedoch unbedingt zu kombinieren mit einer antiulzerativen Therapie mit Omeprazol.
Um die Entzündungsprodukte und Infektionserreger im Gelenk zu minimieren und dadurch eine Schadenseindämmung zu erzielen, führt der Tierarzt eine Gelenkspülung durch. Dazu ist das Fohlen sediert oder in Vollnarkose. Gespült wird mit mindestens drei Litern isotoner Elektrolytlösung oder Kochsalzlösung. Da bereits nach zwei Tagen post infectionem große Fibrinmengen im Gelenk vorhanden sind, ist eine Gelenkspülung oftmals nicht mehr möglich, sodass eine Arthroskopie nötig ist. Eine Spülung muss jeden zweiten Tag bis zur Besserung durchgeführt werden. Im Anschluss jeder Spülung eignet sich zusätzlich zur systemischen eine intraartikuläre Antibiose mit Gentamicin oder Amikacin. Alternativ kann der Tierarzt mit Gentamicin imprägnierte Kollagenschwämme ins Gelenk einsetzen oder mittels einer regionalen Stauungsantibiose lokal therapieren.
Sollten die nekrotischen Herde bereits stark ausgeprägt sein, ist eine chirurgische Kürettage notwendig. Deshalb gilt auch für die Gelenkspülung: Je früher sie durchgeführt wird, desto besser ist die Prognose für das Fohlen.
 
Weitere Informationen
Autor: Katharina Maier, Tierärztin
Datum der letzten Aktualisierung: September 2018
Quellen:
Pferd: Septische Arthritis beim Fohlen: http://www.vetpharm.uzh.ch/reloader.htm?abscout/Pferd/ABE_L001.htm?inhalt_c.htm , 27.06.2018
Fey, K., Kolm, G. (2011): Fohlenmedizin, Enke-Verlag

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