Osteosynthese – Frakturbehandlung beim Kleintier

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Osteosynthese – Frakturbehandlung beim Kleintier

Heute sind komplizierte Frakturtypen in Verbindung mit schweren Weichteilverletzungen, zum Beispiel aufgrund fordernder Sportarten oder dem gestiegenen Risiko, im Straßenverkehr zu verunfallen, bei Hunden und Katzen keine Seltenheit. Der verbesserten Erreichbarkeit von Tierkliniken sowie einem modernen Schockmanagement ist es zu verdanken, dass heute schwer verletzte Tiere auch multiple Frakturen oder offene Frakturen dritten Grades überleben. Entsprechend haben fachliche und technische Anforderungen an die chirurgische Versorgung von Kleintieren zugenommen.

Ruhigstellung ermöglicht Frakturheilung

Die Ruhigstellung von Knochenfragmenten ist die Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Frakturheilung. Bei Bewegung im Frakturbereich können einzelne Knochenenden nicht zusammenwachsen. Stützende Verbände und Schienungen sind aufgrund der anatomischen und verhaltensbedingten Merkmale von Tieren nur beschränkt anwendbar. Außerdem kann mit diesen Methoden keine korrekte Ausrichtung gelenktragender Hauptfragmente gewährleistet werden.
Der Bedarf an Osteosynthesen ist über die letzten Jahrzehnte gestiegen und es haben sich in der operativen Reposition und Fixation frakturierter Knochen verschiedene Anwendungsmethoden etabliert. Frakturfragmente werden über verschiedene Metallimplantate miteinander verbunden und ruhiggestellt. Hierbei finden hauptsächlich Schrauben und Platten, aber auch Marknägel, nagelartige Bohrdrähte, flexibler Cerclagedraht sowie Fixateur externe Anwendung.

Plattenosteosynthese

Bei der Plattenosteosynthese fungiert für die Dauer der Knochenheilung eine Metallplatte als Kraftträger zwischen den einzelnen Frakturteilen. Die Platten werden mit Schrauben an den Knochenfragmenten fixiert. Für die Plattenosteosynthese stehen Plattenformen unterschiedlicher Länge und Dicke zur Verfügung, um einwirkende Kräfte bestmöglich vom Frakturspalt abzuleiten.

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Gängige Osteosynthese Platten und Einsatzbereiche

Kompressionsplatten werden bei Querfrakturen und kurzen Schrägfrakturen eingesetzt. Sie ermöglichen es, die Frakturzone zwischen gegenüberliegenden Fragmenten durch Verschraubung zusammenzupressen.
Neutralisationsplatten können in Kombination mit Kompressionsplatten eingesetzt werden, um einwirkende Kräfte auf die Hauptknochenfragmente zu verteilen. Die kombinierte Anwendung der Platten stärkt die Fixation und stabilisiert die Fraktur zusätzlich gegenüber Belastungen. Werden Cerclagedrähte genutzt, um Frakturen zu reponieren, kann auch hier eine Neutralisationsplatte verwendet werden, um einwirkende Kräfte in der Frakturzone zu neutralisieren.
Abstützplatten finden bei Trümmerfrakturen Verwendung. Bei dieser Form der Plattenosteosynthese werden die einzelnen Frakturfragmente nicht separat rekonstruiert. Um Knochenachse, Gelenkrichtung und Knochenlänge zu korrigieren, werden die beiden gelenktragenden Hauptknochenfragmente passgenau ausgerichtet und verplattet. Bei dieser als „biologische Osteosynthese“ bezeichneten Methode werden kleinere Knochenfragmente im dazwischenliegenden Bereich nicht reponiert. Die Muskelansätze gewährleisten dabei die Gefäßversorgung in die Knochenfragmenten. Herrscht vollständige Ruhe in der Frakturzone, ermöglicht die Kallusbildung hier eine sekundäre Heilung.

Es lassen sich zwei verschiedene Grundprinzipien der Plattenosteosynthese unterscheiden:

Konventionell vs. Winkelstabil

Bei konventionellen Osteosynthesesystemen werden herkömmliche Knochenplatten durch Schrauben beim Festziehen auf den Knochen gedrückt. Das Ergebnis: Die Schrauben sind ausschließlich im Knochen fixiert, sie ziehen die Platte an den Knochen heran und bilden so eine stabile Einheit. Das System ist Kompressionskräften sowie axialen Kräften ausgesetzt, es wirkt der sogenannte Scherenffekt. Weiterhin besteht das Risiko, dass sich die Zugkraft der Schrauben mit der Zeit verringert, wenn sich das viskoelastische Knochenmaterial umbaut und nachgibt. Auch die Durchblutung der Frakturzone kann beeinträchtigt sein, da bei der konventionellen Osteosynthese die Platten stark an den Knochen gepresst werden. Mögliche Folgen sind eine verzögerte Frakturheilung sowie ein gesteigertes Risiko für Refrakturen nach Entfernung der Platten.
Bei winkelstabilen Osteosynthesesystemen stehen die Schrauben im festen Winkel zur Platte – sie bilden ein Verriegelungssystem. Die Elemente funktionieren als stabile Einheit und ermöglichen so eine größere Haltekraft zwischen den Knochenfragmenten. Durch Belastung provozierte Knochenverformungen führen nur zu geringgradigen Lockerungen innerhalb des Systems. Bei der winkelstabilen Osteosynthese müssen die Platten nicht mehr direkt auf den Knochen gepresst werden. Bei Verwendung eines Systems aus Verriegelungsplatten und -schrauben wird die Durchblutung weniger eingeschränkt, das Frakturgebiet kann ungehindert abheilen.

Frakturstabilisierung durch Schrauben

Die sogenannte Schraubenfixation ist eine Methode, bei der auf die Verwendung von Platten verzichtet wird. Sie findet bei Hunden und Katzen jedoch nur bei wenigen Frakturformen Anwendung. In den häufigsten Fällen kann sie keine ausreichende Stabilität gewährleisten, um den auf die Fraktur einwirkenden Kräften standzuhalten. Infolge übermäßiger Belastung splittern Knochen vielfach. Die Schraubenfixation wird jedoch häufig ergänzend zu weiteren Osteosyntheseverfahren verwendet. Weitere Einsatzgebiete der Schraubenfixation sind Ausrisse an Bandansätzen und Sakrumfrakturen.

Fixateur externe

Der Begriff Fixateur externe steht für eine perkutane Osteosynthese mit extrakutaner Kunststoffbrücke. Schwere, offene Frakturen unter anderem der langen Röhrenknochen mit Beteiligung des Weichteilgewebes gelten als klassische Indikationen für die Montage eines Fixateur externe. Vor allem bei einer möglichen Infektion der Wunde bietet der Fixateur externe neben der Stabilisierung der Knochenfraktur den Vorteil, dass das Wundgebiet für eine regelmäßige Kontrolle und Behandlung zugänglich bleibt. Außerdem ermöglicht es ein Fixateur externe, weitere Weichteilschäden gering zu halten.
Schwachpunkt eines Fixateur externe ist nicht selten die Integrität des Knochen-Pin-Kontaktes (Bone-Pin Interface = PBI). Dort können Lockerungen und Brüche des Implantats auftreten. Lockerungen des Pins steigern das Risiko von Infektionen an Weichteil- und Knochengewebe und können vollkommenen Stabilitätsverlust des Fixateurs verursachen.

Quellen:
https://www.kleintierspezialisten.de/infothek/orthopaedische-chirurgie/knochenchirurgie-osteosynthese
Dissertation TIHO Osteosynthese
Eickemeyerartikel

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