Kastration von Rüde und Hündin – Kompetenz für die Entscheidung

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Kastration von Rüde und Hündin – Kompetenz für die Entscheidung

Kastration ja oder nein? Der Eingriff bei Rüden und Hündinnen ist ein kontrovers diskutiertes Thema. Viele Hundehalter stehen vor dieser Entscheidung und Tierärzte sollten Sicherheit bieten und kompetente Informationen liefern.

Klinisch indiziert ist die Kastration bei Hunden nur im Falle von Erkrankungen der Keimdrüsen wie Tumore, Zysten, Hernien oder Prolapse. Dies ist aber selten der Fall. Daher entscheiden sich die meisten Hundehalter für eine Kastration, um geschlechtsspezifische Verhaltensprobleme zu vermeiden.

Ein Besuch beim Tierarzt zur Stellung einer verhaltenstherapeutischen Indikation sollte stets vor dem Eingriff erfolgen. Die Umstände der Kastration wie das Alter des Tieres, sein Wesen und seine Erfahrung können sehr unterschiedlich sein, weshalb es die Aufgabe des Tierarztes ist, die Notwendigkeit und eine Nutzen-Risiko-Abwägung der Kastration in jedem Fall individuell zu beurteilen.

Rechtliche Situation

Auch aus rechtlichen Gründen ist eine Vorstellung beim Tierarzt vor der Kastration erforderlich. Denn der invasive Eingriff der Kastration fällt mit der Entfernung der Hoden bzw. der Ovarien unter das Amputationsverbot, das in §6 des Tierschutzgesetzes geregelt ist. Ausnahmen von diesem Verbot, die den Eingriff bei Hunden erlauben, sind lt. Dtsch TSchG §6 Absatz 1, 3 und 5:

  • die medizinische Notwendigkeit durch tierärztliche Indikation
  • die Nutzung jagdlich geführter Hunde
  • die Verhinderung unkontrollierter Fortpflanzung
  • der Schutz des jeweiligen Tieres oder anderer Tiere.

Strittig, ob eine Kastration notwendig ist, ist ihr Einsatz zur Prävention von Erkrankungen, zum Beispiel von Mammatumoren, die im Nachhinein oftmals schwer absehbar und nachvollziehbar sein können.

Eingriff Hündin vs. Rüde

Die Kastration zur Therapie von Verhaltensproblemen steht besonders bei Rüden im Fokus. Verhalten, das durch Testosteron verstärkt oder induziert wird, wie Aggression, Rangkämpfe, Sexualtrieb bei läufigen Hündinnen und übermäßiges Urinmarkieren, lässt sich meist durch eine Kastration reduzieren. Allerdings gibt es keine Garantie, dass das unerwünschte Verhalten nach dem Eingriff völlig verschwindet. Persistierende Rangordnungsprobleme sind teilweise auch genetischen und erzieherischen Ursprungs.

Bei Hündinnen erfolgt der Eingriff meist entweder in Form einer Ovarektomie oder bei älteren Tieren auch als Ovarhysterektomie. Bei ihnen zielt die Kastration weniger auf das Verhalten als auf die Reduktion des Risikos von Gesäugetumoren und die Prävention von Gebärmuttererkrankungen (wie Pyometra) ab. Vor allem die Frühkastration (präpubertäre Ovarektomie) vor der ersten Läufigkeit soll das Risiko der Bildung von Mammatumoren erheblich senken. Allerdings garantiert die Kastration auch hier nicht die Lösung aller Probleme. Andere Faktoren, wie genetische Disposition und Fütterung, können ebenso auslösend für Erkrankungen der Gonaden und Milchdrüsen sein. Außerdem birgt besonders die Frühkastration Risiken wie das vermehrte Auftreten von Adipositas, reduzierter Körperentwicklung, Verhaltensänderungen und vaginalen Erkrankungen.

Vorteile der Kastration

  • Abnahme von sexualgesteuertem Verhalten von Rüden wie Unruhe, Streunen, Aggression, Konkurrenzgehabe, Urinmarkieren
  • Möglichkeit der Haltung von mehreren Hunden, auch unterschiedlichen Geschlechts
  • Prophylaxe von Hodentumoren und Prostataerkrankungen bei Rüden
  • Risikoreduktion von Tumoren der Gonaden und Milchdrüsen sowie Prävention von Erkrankungen der Gebärmutter bei Hündinnen
  • Beeinflussung des Verhaltens von Hündinnen, die zu Scheinträchtigkeiten und damit verbundenen Verhaltensproblemen neigen (Unruhe, Beschützerinstinkt, Laktation)

Nachteile der Kastration

  • Die Kastration ist ein invasiver, für das Tier belastender Eingriff und nicht frei von Risiken. Entzündungen, Blutungen, Prolapse, Narbenbildung und Narkosekomplikationen können potenziell auftreten, weswegen eine vorherige sorgfältige Anamnese durch den Tierarzt grundlegend ist. Bei Hündinnen ist zudem zu beachten, dass die Narkosedauer im Vergleich zur Kastration von Rüden länger ausfällt.
  • Längerfristig kann der Hundehalter mit Problemen wie Inkontinenz, Fellveränderungen und Gewichtszunahme zu kämpfen haben. Die Inzidenzrate für Harninkontinenz bei kastrierten Hündinnen variiert stark in verschiedenen Studien, sie schwankt zwischen 1,2 und 28 Prozent.
  • Außerdem können infolge der Kastration neben erwünschten auch unerwünschte Verhaltensänderungen auftreten.

Es liegt letztlich in der Verantwortung des Tierarztes, Hundehalter über das Für und Wider einer Kastration sorgfältig und individuell aufzuklären. Dabei müssen rechtliche Vorgaben eingehalten und der Nutzen gegenüber dem Risiko eines Eingriffs abgewogen werden.

Quelle: Kastration von Rüde und Hündin – Kompetenz für die Entscheidung - vets-online.de

Weitere Informationen

Autor: Katharina Hofmann, Klinik für Schweine
Datum: März 2019
Quellen:
Kuhne, F.: Kastration von Hunden aus Sicht der Tierverhaltenstherapie; Tierarztl Prax Ausg K; 40 (02)/2012; 140-145
Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz: https://www.gesetze-im-internet.de/tierschg/__6.html (Abruf: 03/2019)
Möbius, G.: Die Kastration beim Hund – Indikationen unter dem Blickwinkel des Tierschutzgesetzes; kleintier konkret; 12(S 01)/2009; 13-18
Wehrend, A.: Kastration der Hündin: Komplikationen und Nebenwirkungen. Vet-Medreport 30 Sonderausgabe V7. Kleintiermedizin/2006; 6-8
Stolla, R.: Kastration vor oder nach der ersten Läufigkeit? Argumente dafür und dagegen. Tierärztl Prax Ausg K; 30/2002; 333-338

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