Zecken – die wachsende Gefahr für Mensch und Tier

Zecken – die wachsende Gefahr für Mensch und Tier

Jeder kennt sie, viele waren selbst schon befallen und spätestens am Haustier ist man ihr schon mal begegnet: Die Zecke. Zeckenstiche sind aber nicht nur lästig und schmerzhaft, sondern auch sehr gefährlich – für Mensch und Tier – und es wird immer gefährlicher. Von der typischen Zeckensaison kann kaum noch die Rede sein und auch die altbewährten Tipps helfen nicht mehr, denn durch den Klimawandel, Tierimporte, aber auch Vogelzüge werden immer mehr Zeckenarten in Europa endemisch und übertragen exotische Krankheiten. Wie sich die Epidemiologie der Zecken und der von ihnen übertragenen Krankheiten verändert und wie Sie sich und Ihre Patienten vor Zecken schützen können, lesen Sie hier.
 Zecken1
[Von links: Ixodes ricinus (Gemeiner Holzdock), Rhipicephalus sanguineus (braune Hundezecke), Dermacentor retucularis (Auwaldzecke). ]

Beeindruckend und resistent

Zecken gehören zu den Arthropoden und entwickeln sich über drei Entwicklungsstadien (Larve, Nymphe, Adultus). In jedem dieser Stadien sind Zecken obligate Blutsauger und nehmen während ihrer Mahlzeit das 12- bis 200-fache ihres eigenen Körpergewichts zu. Das müssen Sie auch, denn ein Adultus kann zwischen zwei Saugakten ohne Probleme 2 Jahre lang fasten und ohne Blutmahlzeit überleben. Gegen Umwelteinflüsse sind Zecken sehr resistent und werden lediglich bei Temperaturen von unter minus 20 °C und über 60 °C zuverlässig abgetötet.Zecken2
Da ist es nicht verwunderlich, dass die Regel, Zecken seien nur im Sommer aktiv, nicht mehr greift. Da Zecken bei Temperaturen von 5 -7 °C bereits aktiv werden, sind die deutschen Winter immer häufiger mild genug, dass Zecken ohne Probleme auch vor März und nach November ihr Unheil treiben.
Auch die Empfehlungen, Wälder und hohe Wiesen zu meiden, sodass man Zecken nicht begegnet, haben heutzutage kaum mehr Bestand. Eine Gartenstudie der Universität Hohenheim konnte zeigen, dass auch der bestgepflegte Garten nicht vor den Parasiten gefeit ist. Zwar waren solche mit kurz geschnittenem Rasen und wenig Unterholz weniger stark betroffen, als andere. Dennoch konnten in ausnahmslos jedem Garten mehrere Zeckengenerationen gefunden werden.

Eine wachsende Gefahr

Zecken gehören zu den wichtigsten Krankheitsüberträgern weltweit. Zwar wandern sie nur sehr selten eigenständig in Wohnungen ein, werden aber häufig genug durch Mensch und Tier eingeschleppt. Auf diese Weise finden sie ein geschütztes Habitat mit geeigneten Wirten, in dem sie lange überleben können. Krankheiten, die von Zecken – heutzutage auch vermehrt in Westeuropa - auf den Menschen übertragen werden, sind neben der Borreliose auch die Frühsommer-Meningoenzephalitis und Tularämie. Hunde infizieren sich inzwischen immer häufiger mit Babesien, Ehrlichien oder Hepatozoen. Diese Entwicklung stellt Humanmediziner und Veterinäre immer häufiger vor die Herausforderung, exotische Krankheiten zu diagnostizieren.
 Zecken3
[Blutausstrich mit  Babesia canis]

Die Hauptgründe auf einen Blick&lt

Klimawandel: Winter werden milder und Zecken sind länger im Jahr aktiv. Gleichzeitig werden neue Gebiete durch die milderen Temperaturen attraktiv für früher im Süden verbreitete Zecken.
Import: Durch importierte Tiere oder Haustiere, die den Familienurlaub begleiten können auch Zecken importiert werden. Die Gefahr hierbei ist, dass der Parasit Krankheitserreger in sich trägt, die in Westeuropa eigentlich (noch) nicht verbreitet sind. Über das infizierte Tier können weitere Zecken die Erreger aufnehmen und verbrieten die Krankheit weiter.
Vogelzüge: Studien konnten zeigen, dass Vögel Zecken aus entfernten Ländern mitbringen. Über die infizierten Vögel können einheimische Zecken die fremden Erreger weiter verbreiten.

Babesiose

Babesien sind intrazelluläre Parasiten, die von einer Vielzahl an Zeckenarten übertragen werden. Der bekannteste Vertreter ist B. canis, der durch die sogenannte Buntzecke (Dermacentor reticularis) übertragen wird. Die Babesiose ist u.a. häufig in Frankreich, Österreich und Ungarn verbreitet und zeigt innerhalb einer Woche nach der Infektion die ersten Symptome. Der meist akute Verlauf kann gekennzeichnet sein durch hohes Fieber, akutes Nierenversagen und hämorrhagische Enteropathien. Die durch B. gibsoni verursachte chronische Krankheitsform geht mit Abmagerung, Apathie und Ikterus einher. Nachzuweisen sind Baesien mikroskopisch in Blutausstrichen, serologisch durch Antikörpernachweise, durch PCR- oder LAMP-Verfahren. Therapieren lässt sich die Babesiose mit Imidocarb-Präparaten. Diese sind in Deutschland nicht zugelassen, lassen sich jedoch aufgrund des Therapienotstandes importieren.

Zecken4

[Dermacentor retucularis (Auwaldzecke)]    

Canine monozytäre Ehrlichiose

Die braune Hundezecke (Rhipicephalus sanguineus) überträgt das Bakterium Ehrlichia canis, das vor allem Lympho- und Monozyten befällt und vermehrt in tropischen und subtropischen Regionen vorkommt. Symptome sind zunächst unspezifisch und treten während des ersten Monats nach der Infektion auf. Nach einer Latenzphase folgt ein schwerer, chronischer Verlauf mit Fieber, Blutungen und Vomitus. Diagnostisch wird der serologische Nachweis von Antikörpern, der direkte Nachweis in Buffy-Coat- oder Kapillarblutausstrichen in Kombination des Nachweises einer Thrombozytopenie oder die PCR empfohlen. Doxycyclin hat sich als wirksames Therapeutikum etabliert, wenngleich Bluttransfusionen nötig werden können.

Hepatozoonose

Hepatozoon canis ist ein Einzeller, der ebenfalls von der braunen Hundezecke (Rhipicephalus sanguineus) übertragen. Allerdings gibt es hier eine Besonderheit: Nicht durch den Stechakt wird die Hepatozoonose verbreitet, sondern durch das Verschlucken infizierter Zecken. Diese Erkrankung kann asymptomatisch bis potenziell tödlich verlaufen und geht einher mit Nasen- und Augenausfluss, Inappetenz, Fieber und Lahmheiten. Spontanheilungen wurden häufiger beobachtet. Diagnostiziert wird Erreger mittels Butausstrich in Giemsa- oder Diff-Quick-Färbung oder PCR. Eine empfohlene Therapie gibt es bisher nicht und Rezidive sind nicht selten.

Zecken5

[Rhipicephalus sanguineus (braune Hundezecke)]

Zeckenprophylaxe

Tiere zuverlässig vor Zecken schützen kann eine Herausforderung sein. Haustiere sollten stets nach Spaziergängen oder Spielen im Garten auf Zecken abgesucht werden. Hierbei dürfen auch schwer zugängliche Stellen, Achselhöhlen und Schenkelspalten, sowie die häufig weniger behaarte Leistengegend nicht vergessen werden. Langes Fell kann es einem hier schwer machen. Inzwischen gibt es eine Vielzahl an Produkten zur Zeckenprophylaxe auf dem deutschen Markt erhältlich als Spray, Spot-On oder Halsband. Großtiere profitieren von Pour-Ons oder wirkstoffhaltigen Ohrmarken. Genauso wichtig ist die zügige Zeckenentfernung. Wie Sie Zecken sicher und gefahrlos entfernen, lesen sie hier.

Faktencheck

Immernoch kursieren einige Irrtümer über Zecken, die von Halbwahrheit zu Ammenmärchen reichen. Einige Fakten möchten wir Ihnen nicht vorenthalten:
Zecken gibt es nicht nur im Sommer und nicht nur im Süden.
Helle Kleidung oder Socken über die Hose ziehen schützt nicht vor Zeckenstichen.
Zecken stechen nicht nur Menschen, deren Geruch sie mögen.
Das Entfernen von Zecken durch Quetschen des Körpers oder durch Aufträufeln von Chemikalien, wie Nagellackentferner, Alkohol o.ä. erhöht die Gefahr, sich zu infizieren.
Antimückensprays halten keine Zecken ab.

Autor: Dr. med. vet. Sabrina Thomeczek

Stanek, G. (2009). Pandora’s Box: Pathogens in Ixodes ricinus ticks in Central Europe. Wiener Klinische Wochenschrift, 121(21–22), 673–683. https://doi.org/10.1007/s00508-009-1281-9,
Böhnke, D. H. (2016). Habitat ecology and microclimatic influences on the distribution of Ixodes ricinus ticks in Baden-Württemberg. PhD Thesis, 265.
Naucke, T. J., Lorentz, S., Menn, B., & Mencke, N. (2011). Prävalenz von durch ektoparasiten übertragenen infektionskrankheiten (CVBDs) bei import- und reise-begleitenden Hunden in Deutschland und prävention von CVBDs. Tierarztliche Umschau, 66(7–8), 311–317.
Stanek, G. (2005). Durch zecken übertragbare krankheitserreger in Mitteleuropa. Wiener Klinische Wochenschrift, 117(11–12), 373–380. https://doi.org/10.1007/s00508-005-0368-1
Süss, J., Fingerle, V., Hunfeld, K. P., Schrader, C., & Wilske, B. (2004). Durch Zecken übertragene humanpathogene und bisher als apathogen geltende Mikroorganismen in Europa: Teil II: Bakterien, Parasiten und Mischinfektionen. Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz, 47(5), 470–486. https://doi.org/10.1007/s00103-004-0837-0
Mehlhorn, H., & Mehlhorn, B. (2020). Zecken. In Zecken, Milben, Fliegen, Schaben... (pp. 41–68). Springer.
Starostzik, C. (2015). Zecken lauern im gepflegtesten Garten. MMW-Fortschritte Der Medizin, 157(11), 24.
Stanek, G. (2005). Durch Zecken übertragbare Krankheitserreger in Mitteleuropa. Wiener Klinische Wochenschrift, 117(11–12), 373–380.
Bildquellen: Fotos wurden freundlicherweise von Privatpersonen zur Verfügung gestellt und dankend erhalten.

 

Bitte geben Sie die Zeichenfolge in das nachfolgende Textfeld ein

Die mit einem * markierten Felder sind Pflichtfelder.